Fachkundenachweis "Pyroschein"

Seenot-Handfackeln im Einsatz

Übung mit Magnesium-Seenothandfackeln. Nach 60 Sekunden ist Schluss. Für Handfackeln (Erwern, Transport, Lagerung) ist übrigens keine Erlaubnis nach Sprengstoff- oder Waffenrecht nötig.
Übung mit Magnesium-Seenothandfackeln. Nach 60 Sekunden ist Schluss. Für Handfackeln (Erwerb, Transport, Lagerung) ist übrigens keine Erlaubnis nach Sprengstoff- oder Waffenrecht nötig.

Kein Pyro-Schein mehr nötig ab 2015

Kiel (SP) Ab 2015 will die EU keinen Pyro-Schein mehr für den Besitz und Gebrauch von leistungsstarken Seenotsignalmitteln mehr vorschreiben. Dem geht eine Vereinfachung für Charterkunden in Schlesig-Holstein voran: In dieser Saison reicht eine bestätigte praktische Einweisung durch die Charterfirma aus, wenn sich beispielsweise Seenotsignalraketen an Bord befinden. Um die Vereinfachung hatte sich die Charterfirma 1. Klasse Yachten in Heiligenhafen bemüht. Das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Familie und Gleichstellung in Kiel teilte die Interimslösung bereits den Behörden mit - und verwies auch auf eine beabsichtigte EU-weite Änderung des Sprengstoffgesetzes: Es sei "erklärtes Ziel der EU–Normenkommission, Signalmittel in die Kategorie P1 einzustufen." Dies solle Anfang 2015 erfolgen. Das wäre das "Aus" für den Pyro-Schein.

Bislang sind Seenotsignalmittel wie Seenotraketen in der Klasse P 2 eingeordnet: "Pyrotechnische Gegenstände für sonstige Zwecke mit größerer Gefährdung (früher Klasse T2) und daher nur von Personen mit Fachkunde zu verwenden." Wer Signalmittel dieser Kategorie erwerben, lagern und verwenden will, muss eine spezielle Schulung bei einem anerkannten Lehrgangsträger besuchen. Mit bestandener Prüfung wird der Nachweis erbracht, dass man den fachkundigen Umgang mit den Signalmitteln beherrscht: der sogenannte Pyro-Schein.

Die Vereinfachung hat einen konkreten Hintergrund - die 15-PS-Regelung. In dem Erlass aus Kiel heißt es dazu: "Bestimmte Sportboote und kleine Yachten können seit 2013 an Freizeitkapitäne ohne Sportbootführerschein vermietet werden. Unklar war jedoch, unter welchen Voraussetzungen dann der als Pyro-Schein bekannte Nachweis für diese Gruppe der Freizeitkapitäne entfallen kann, wenn sie bestimmte Seenotraketen an Bord führen. An Bord vieler Sportboote und Yachten von Charterunternehmen befinden sich Signalraketen für den Notfall, um wirksam auf sich aufmerksam machen zu können. Hierbei handelt es sich um pyrotechnische Gegenstände, auf die die Bestimmungen des Sprengstoffrechts anzuwenden sind. Eingestuft sind diese Signalmittel meist in die pyrotechnische Kategorie P2. Vor 2013 war es gängige Praxis, den sogenannten „Pyro-Schein" zusammen mit dem Sportboot-Führerschein zu erwerben. Die Anhebung der Freistellungsgrenze für Sportboot-Führerscheine auf Antriebsleistungen bis zu 15 PS hatte jedoch den Effekt, dass sich das Angebot an Lehrgängen für den Pyro-Schein stark reduzierte, während das Interesse an schwach motorisierten Charterbooten zunahm. Unter Federführung des schleswig-holsteinischen Sozialministeriums wurde in enger Zusammenarbeit mit der Staatlichen Arbeitsschutzbehörde bei der Unfallkasse Nord als zuständiger Aufsichtsbehörde und der Entwicklungsgesellschaft Ostholstein ein Sicherheitskonzept entwickelt, das sowohl den sehr strengen Regelungen des Sprengstoffrechtes gerecht wird als auch den Bedürfnissen der Tourismusbranche und den Freizeitkapitänen rechtzeitig zum Saisonbeginn entspricht."

Zwei Scheine fürs Seenot-Feuerwerk

Signalgeber von Nicosignal: Der Geber besitzt eine auswechselbare Trommel mit sechs Signalpatronen. Es gibt weiße, grüne und rote Leuchtkugeln. Höhe: etwa 80 Meter. Leuchtdauer: etwa fünf Sekunden. Das Ganze ist wasserfest.

Es gibt zwei Scheine fürs Seenot-Feuerwerk: FKN und SKN

1) Der Fachkundenachweises (FKN) für Seenotsignalmittel nach dem Sprengstoffrecht (FKN, für Seenotsignalmittel gemäß § 1 Absatz 3 1. Sprengstoffverordnung, SprengV). Meist kurz "Pyroschein" genannt. Reicht für Otto Normalsegler völlig aus. Schließlich sollte er den Umgang mit Seenotsignalmitteln beherrschen.

Der FKN wird zum Erwerb, Transport und zur Lagerung von Seenotraketen (Unterklasse T2: Hand-Fallschirmsignalraketen rot) benötigt. Im Notfall darf ohnehin jeder ballern. Es reicht, wenn ein Crewmitglied den Fachkundenachweis vorlegen kann. Es muss nicht der Skipper sein. Aber auch er sollte in der Lage sein, ein Seenotsignal sicher zu beherrschen.

Erlaubnisfreie Mittel der Unterklasse T1 sind Signalgeber im Clipsystem oder Nico-Signalgeber, Handfackeln, Rauchmittel.

Geprüfte Signalgeber (PTB-Zeichen, = Physikalisch-Technische Bundesanstalt) können mit 18 Jahren frei erworben und an Bord mitgeführt werden.


Die Prüfung für den Fachkundenachweises (FKN) für Seenotsignalmittel

Die Prüfung umfasst den Umgang mit Seenotsignalmitteln und die zu beachtenden Rechtsvorschriften des Sprengstoffrechts.
Zulassungsvoraussetzungen sind die Vollendung des 16. Lebensjahres und der Besitz eines amtlichen Sportbootführerscheins oder eines sonstigen Befähigungsnachweises zum Führen von Wassersportfahrzeugen. Die Prüfungen nehmen zum Beispiel die Prüfungsausschüsse des DSV ab.

Im theoretischen Teil ist ein Fragebogen mit 15 Fragen aus dem 60 Fragen umfassenden Fragen- und Antwortenkatalog zu beantworten. Im praktischen Teil ist die sichere Handhabung von Seenotsignalmitteln nachzuweisen (Fallschirm-Signalrakete (rot), Rauchfackel (orange) bzw. Handfackel (rot), Rauchsignal (orange/Dose), Signalgeber mit Magazin/Trommel und Umgang mit nicht gezündeten Signalmitteln/ Versagern).

Die Einzelheiten enthält die Prüfungsordnung. Die Kosten für die Prüfung und Erteilung in Höhe von 18 Euro zuzüglich 7 Prozent Umsatzsteuer werden nach Angaben des DSV bis zum Inkrafttreten der geplanten Änderungen des § 3 Allgemeine Waffengesetz-Verordnung bei Bewerbern, die die Prüfung zum Fachkundenachweis im Rahmen einer Sportbootführerschein-Prüfung ablegen, nicht erhoben. Gleiches gilt bei Bewerbern, die in den Jahren 2005, 2006 oder 2007 einen Sportbootführerschein erworben haben und eine Prüfung zum Fachkundenachweis im Rahmen einer Sportbootführerschein-Prüfung nachholen. Dieses gilt nicht im Fall der Wiederholung der Prüfung.

Sachkundenachweis nach dem Waffenrecht

Abschuss einer Signalrakete. Fallschirm-Raketen steigen bis 300 Meter hoch. Signalmunition aus Signalgebern schafft gerade mal 45 bis 80 Meter.


2) Sachkundenachweis (SKN) nach dem Waffenrecht für die Seenotsignalpistole Kal. 4 (26,5 mm) und die dazu gehörige Munition. Beinhaltet selbstredend auch Kauf, Transport und Lagerung von Seenot-Fallschirmraketen.

Charterer sind jedoch von dieser Pflicht, einen SKN nachweisen zu müssen, ausgenommen, wenn sich an Bord einer Charteryacht eine Signalpistole befinden sollte. O-Ton Prüfungsantwort (9.102): "Der Charterer darf ohne waffenrechtliche Erlaubnis die tatsächliche Gewalt über eine an Bord befindliche Signalpistole im Kaliber 4 (26,5 mm) und die dazugehörige Munition ausüben."

Offenbar gelten Fallschirmsignalraketen aber als viel gefährlicher: Neuerdings (Stand Frühjahr 2012) fragen deutsche Charterfirmen verstärkt nach diesem "Pyroschein", auch wenn - wie üblich - nur Signalraketen an Bord sind, und bieten auch Prüfungen an (lernen daheim, Praxis- und Theorieprüfung vor Ort. Dauer: etwa eine Stunde).

"Laut einer schriftlichen Stellungnahme des Bundesinnen- und -verkehrsministeriums ist auch für Charterkunden dieser Nachweis erforderlich. Wir haben zwar gegen die bereits ausgestellten Bußgelder geklagt, aber bis jetzt in allen Instanzen verloren. Die Auslegung dieser Rechtsvorschrift durch die Wasserschutzpolizei ist im Moment recht uneinheitlich", heißt auf der Internsetseite von Charterzentrum.de.

Fragenkatalog für die Sachkundeprüfung gemaß § 7 WaffG, Download [229 KB] .

Der "Pyro-Schein"
Der "Pyro-Schein"

Kommentar: Der Fachkundenachweis reicht

Schon mal versucht, auf einem wackelnden Boot eine Patrone in die großkalibrige Knarre zu schieben? Wenn nicht, dann kann man sich das aber bestimmt gut vorstellen. Man braucht zwei Hände dafür. Wer im Notfall richtig Pech hat, muss das Teil samt Munition auch noch aus dem Tresor holen, dort muss es nämlich eingeschlossen sein, wenn man nicht auf See ist. Pistolen schränken auch das Fahrtgebiet ein: Die Einfuhr von Signalpistolen nach Schweden ist verboten. Für die Niederlande ist eine spezielle Erlaubnis nötig.

Fallschirmraketen, Signalgeber wie Nico Signal und auch Handfackeln (für die es bereits Ersatz mit Laserlicht gibt) reichen völlig aus. Der erste Alarmweg ist ohnehin das Funkgerät, das zur Sicherheit, falls der Mast samt Antenne von oben gekommen ist, noch durch ein Handgerät ergänzt werden sollte. Dazu gibt es noch EPIRB, SART und AIS-Sart für weltweite oder lokal begrenzte Alarmierung. Wozu also noch die gefährliche Pistole?

Aus diesen Gründen prüft der DSV auch nur noch die Fachkunde. Das reicht für Otto Normalsegler aus. Alles andere ist Geschäftemacherei.

Peter Teske.



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